Wenn Männer heute etwas über ihre Gesundheit lernen wollen, stehen ihnen viele Möglichkeiten offen. Ein riesiger kommerzieller Buch- und Zeitschriftenmarkt, von den Krankenkassen angebotene Gesundheitskurse oder auch ärztliche Beratungsangebote. Daneben existiert immer noch die klassische Stätte der Erwachsenenbildung, die auch im Bereich Gesundheit aktiv ist: die Volkshochschule (VHS). Nach dem Bereich Sprachen ist der Bereich Gesundheit derjenige, in dem im Durchschnitt die meisten Kurse angeboten werden.
Die Ansätze der VHS haben sich in den letzten 60 Jahren komplett verändert. Wurde in den 1950er und 1960er Jahren vor allem theoretisches Wissen zu Krankheiten und deren Vorbeugung vermittelt, versucht man heute die Teilnehmer zum aktiven Mitmachen anzuregen. Präventionskonzepte und –praktiken können so direkt eingeübt und ritualisiert werden. Dies hört sich doch zunächst alles perfekt an; gäbe es aus männerspezifischer Perspektive nicht einen kleinen Haken. Im gesamten Bundesgebiet nahmen im Jahr 2013 im Schnitt lediglich 14,3 Prozent Männer an solchen Kursen teil (im Bundesland Sachsen-Anhalt waren es sogar nur 6,7 Prozent). Warum gelingt es den Volkshochschulen nicht, Männer für ihre Angebote zu gewinnen? Sicherlich sind dafür viele Gründe anzuführen, wobei im folgenden die strukturellen im Vordergrund stehen sollen. Ähnliche Gründe gelten sicherlich auch für andere Anbieter von Gesundheitskursen wie etwa Krankenkassen.
- Es fehlt eine klare männerspezifische Ansprache. Viele Kursbeschreibungen sind immer noch implizit auf die Lebenswelt von Frauen ausgerichtet und holen Männer nicht ab. Der Gesundheitswissenschaftler Thomas Altgeld bringt es süffisant auf den Punkt, wenn er darauf verweist, dass sich die Anbieter über die geringe Teilnahme von Männern nicht wundern müssten, wenn zu einem Kochkurs für Einsteiger „…Schürze und verschließbare Behälter…“ oder zu Kursen für Bewegung oder Stressbewältigung „…dicke Socken mitzubringen sind.“
- Die Kursleitung wird überwiegend von Frauen übernommen. Dass das Geschlecht des Kursleiters keine unerhebliche Rolle für die Inanspruchnahme von Gesundheitskursen spielt, zeigte eine Untersuchung aus dem Jahr 1997. Dort wurden sowohl männliche als auch weibliche Teilnehmer von Gesundheitsförderungskursen danach befragt, welche Bedeutung für sie das Geschlecht des Kursleiters hätte. Zwar gaben 81 Prozent an, dass das Geschlecht für sie unerheblich sei, doch immerhin 19 Prozent sprachen sich für ein bestimmtes Geschlecht des Kursleiters aus. Die Angaben der Präferenzen der weiblichen und männlichen Teilnehmer differierten in dieser Befragung nur schwach.
Eigene Untersuchungen über das Geschlecht der Kursleitung von Gesundheitskursen in der VHS Hamburg zeigen, dass ein Großteil des Kursangebotes von Frauen durchgeführt wurde. Im Kursjahr 2010/2011 wurden von insgesamt 274 Kursen, die in den Bereich Prävention fielen, 232 von Frauen und lediglich 42 von Männern durchgeführt.
- Viele Kurse finden vormittags oder zu Zeiten statt, an denen es für Männer berufsbedingt ausgeschlossen ist, teilzunehmen. Da auch gegenwärtig noch immer deutlich mehr Männer als Frauen Vollzeit berufstätig sind, werden sie durch ihre Arbeitszeiten in vielen Fällen davon abgehalten, an den Kursen der VHS teilzunehmen.
Die Schuld ist demnach nicht allein bei den Männern zu suchen, die als vermeintliche Gesundheitstmuffel nicht erkennen, welche Möglichkeiten ihnen geboten werden, sondern auch in den Strukturen des Gesundheitsangebotes, welches trotz vielem Gerede um Gender Mainstreaming noch immer stärker auf Frauen als Zielgruppe ausgelegt ist.
Ich habe gerade meinen ersten Präventionskurs über die Krankenkasse gestartet – ganz harmlos, um die Ecke, nur 8 Termine, mit Partnerin – und Qi Gong. Immerhin 3/8 Männer!